Kommt Donald Trump in den Himmel?

Impulse Jobst Bittner

Wie „heilig“ müssen wir eigentlich sein?

Kommt Donald Trump in den Himmel? Um es vorweg zu sagen: Ich weiß es nicht und kann und werde es auch nicht beurteilen. Der amerikanische Präsident hat unbestritten im Nahen Osten viel bewegt und ist Israel wie kein Präsident vor ihm zur Seite gestanden. Ja, er steht an vielen Punkten für christliche Werte, ist Abtreibungsgegner und ein Freund evangelikaler Gemeinden. Was aber ist mit seinem Verhalten, das immer wieder beleidigend ist und einem christlichen Lebensstil nicht entspricht? Ob Halbwahrheiten, Polarisierungen, Drohungen, das Lächerlich machen und Entwürdigen von Menschen via Twitter: Trumps Botschaften haben in den letzten vier Jahren zur Verrohung der Sprache beigetragen und viel zu oft aus Gegnern Feinde gemacht.

Einige unserer amerikanischen Freunde argumentieren, dass ihr Präsident kein Pastor sei und deshalb nur an seiner politischen Arbeit gemessen werden müsse. Andere entschuldigen sein Verhalten mit dem Hinweis, er sei ein junger Christ, dessen Verhalten einfach noch ungeheiligt sei.

Und damit kommen wir zu einer entscheidenden Frage: Lässt sich der Charakter eines Menschen von seinen Taten trennen? Wie „heilig“ müssen wir denn eigentlich sein? Wenn jemand sagt, „Er meint wohl, ein Heiliger zu sein“, dann ist das in Deutschland vor allem spöttisch gemeint. Wir verstehen unter „heilig leben“ den Versuch, nach Vollkommenheit und einem Höchstmaß an moralischer Tugend zu streben. Aber das ist genau, was die Bibel nicht sagt. Sicher merken Sie schon: Es geht bei dieser Frage nicht vorrangig um Donald Trump. Es geht vielmehr um die Frage, ob wir bereit sind, uns vom Erfolg – sei es auf politischer oder auch auf Gemeinde-Ebene – auf Kosten eines christlichen Lebensstils korrumpieren zu lassen.

„Heilig“ (קדשׁ) ist nach der hebräischen Wortbedeutung jemand, der einen Standortwechsel vollzogen und sich vom „Weltlichen, Profanen, Normalen, Alltäglichen“ ab- und Gott zugewandt hat. Er oder sie hat sich entschieden, in dem besonderen Einflussbereich seiner „Heiligkeit“ zu leben. „Heilig“ ist nach dem jüdischen Verständnis alles, was zu Gott gehört: der Himmel, die Engel, der Tempel, seine Stadt Jerusalem und eben auch alle Menschen, die sich ihm und seinem Wort zugewandt haben. Wer sich nicht vom alltäglichen, profanen Leben absonderte und reinigte, konnte an der Gegenwart Gottes im Tempel keinen Anteil haben. Gottes Ansage in 3. Mose 19,2 ist deutlich: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der HERR, euer Gott.“

„Heiligkeit“ (ἁγιασμός) war für die ersten Christen zuallererst der Begriff für die Zugehörigkeit zu Jesus Christus. Glauben wir, dass Jesus für unsere Schuld gestorben ist und nehmen wir ihn als unseren Erlöser an, dann sind wir geheiligt oder gerecht geworden (1. Korinther 6,11). Deswegen werden die Christen im Neuen Testament „Heilige“ genannt, auch wenn sie noch so manche Charaktermängel hatten und sich nicht immer christlich verhielten (1. Korinther 1,1-2.11; 5,1-2; 6,1). Ein „Heiliger“ (ἅγιος) ist kein sündloser oder charakterlich hochstehender Mensch, sondern jemand, dem Gott die Schuld vergeben und das ewige Leben geschenkt hat.

Das heißt jedoch nicht, dass Christen ohne eine Veränderung ihrer inneren Haltung, des Charakters und ihres Verhaltens weiterleben dürften. Gottes Wille ist die Heiligung (1. Thessalonicher 4,3), der wir nachjagen sollen (Hebräer 12,14) und ohne die niemand den Herrn sehen wird. Die Bibel ist wie ein Spiegel. Durch sie zeigt uns Gott Sünde und Charaktermängel. Ein Christ ist daran zu erkennen, ob sein Leben immer mehr in das Bild Gottes verwandelt wird (2. Korinther 3,18). Das Leben in „Heiligung“ ist das Spiegelbild unserer Beziehung zu Gott.

Kommt Donald Trump in den Himmel? Wie ich es zu Beginn des Artikels schrieb, wird diese Frage nur der lebendige Gott beantworten können. Wir sollten jedoch für unser eigenes Leben selbst in den Spiegel des Wortes Gottes schauen. Gottes Ruf zur Umkehr und Versöhnung hat einen hohen Preis! 

Christen können Halbwahrheiten, Beleidigungen, das Entwürdigen und Lächerlich machen von Menschen und eine zunehmende Verrohung der Sprache nicht befürworten. So sehr wir uns über christlich-konservative Positionen freuen und Israel gestärkt sehen möchten, gilt es, eine klare Trennlinie zwischen befürworteter Politik und einem dem christlichen Zeugnis nicht angemessenen Verhalten Trumps zu ziehen. Leider ist das in der Vergangenheit zu wenig geschehen.

Veränderung fängt immer bei uns selbst an. In einigen Tagen schaut die Welt gespannt auf die Präsidentschaftswahlen in den USA. Sicher überrascht es Sie nicht: Ich bete für eine Kontinuität der engen Beziehung der USA zu Israel, die Donald Trump wie kein Präsident vor ihm gefördert hat. Trump ist tatsächlich kein „Heiliger“. Ebenso wenig wie sein Gegenkandidat Joe Biden, oder wie John F. Kennedy, Bill Clinton oder George W. Bush, um nur einige zu nennen. Die Liste kann beliebig auch mit deutschen Politikern ergänzt werden. Vielleicht fügen wir als letzten Namen unseren eigenen mit ein.

Gleichzeitig verurteile ich als jemand, der aus der deutschen Geschichte gelernt hat, jede Form von Rassismus, Hass und Überlegenheitsdenken. Wer vor Gott und der Welt so lebt, delegitimiert mit der Zeit sich selbst. Wenn ein politisch und weltanschaulich Andersdenkender in einer demokratisch legitimierten Wahl gewinnt, beansprucht die Bibel von Christen Dankbarkeit, Wertschätzung und Respekt.

Politiker brauchen keine Fans, sondern Beter! In einem Jahr steht Deutschland ebenfalls vor einer Wahl. Ob in den USA, Deutschland oder in jedem anderen Land: Jetzt sind die unvollkommenen geheiligten „Heiligen“ gefragt.

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